1998: Ein nicht alltägliches Ereignis

Das älteste Ehrenmitglied unseres Musikvereins ist Josef Kraft. Gleichzeitig ist er auch der älteste Bürger unseres Dorfes. Am 23. Juni feierte er seinen 95. Geburtstag. Der Musikverein gratulierte mit einem Ständchen bei der Geburtstagsfeier mit seiner Familie und Freunden im Gemeindehaus.

In der vierten Ausgabe der Vereinszeitung wollten wir Josef Kraft etwas näher vorstellen, dazu besuchten der 1. Vorsitzende Siegfried Schäfer und der aktive Musiker Klaus Hahn den Jubilar in seinem Haus in der Zinkenstraße. Eine 95-jährige Lebensgeschichte lässt sich natürlich nicht in einem kurzen Interview festhalten. Unsere Fragen an den Jubilar sind in den nachfolgenden Text eingearbeitet.

Josef Kraft und Siegfried Schäfer

Am Ende seiner siebenjährigen Volksschulzeit hatte sein Lehrer ihm und den Eltern vorgeschlagen, doch ein Studium zu machen. Doch wer hätte dann zuhause auf der Landwirtschaft mitgeholfen. So beschränkte sich das Studium auf den Besuch eines Kurses für Melken und Viehpflege im Jahre 1919 an der Universität in Stuttgart-Hohenheim. Kurz darauf verlor sein Vater bei einem Unfall an der linken Hand alle fünf Finger. Fortan war seine Mitarbeit zuhause mehr denn je gefragt.

Aufgrund seiner Aktivitäten in der Gemeinde erwarb sich der gerade Dreiundzwanzigjährige viel Vertrauen und wurde im Jahre 1926 zum Rechner der Darlehenskasse gewählt. 14 Jahre lang war Josef Kraft Darlehenskassenrechner und anschließend 22 Jahre als Vorstand sowie 6 Jahre als Stellvertreter tätig. Ab 1930 war er dann auch Milchrechner. Sein Wissen für diese Tätigkeiten erarbeitete er sich durch Teilnahme an vielen Versammlungen und Kursen. Zu allen Behörden in der Umgebung pflegte er gute Kontakte, die auch der Gemeinde großen Nutzen brachten. Mit großem Vertrauen in der Bevölkerung war er 15 Jahre als Mitglied im Gemeinderat tätig. Ebenfalls 15 Jahre war er im Kirchengemeinderat, wovon er 3 Jahre das Amt des Kirchenpflegers führte.

1931 gründete er mit seiner Frau Veronika eine Familie. Aus den Familien seiner beiden Söhne Franz und Karl und den Töchtern Luise und Käthe entstammen 12 Enkel und 12 Urenkel. Im Jahre 1974 verstarb seine Frau Veronika. Sich und den Haushalt selbst zu versorgen war fortan sein Bestreben. Auch mit dem Eintritt in den Ruhestand wurde sein Leben nicht viel ruhiger, denn als Messgehilfe, Wachmann im Fernmeldedepot und bei einer Gebäudereinigungsfirma verdiente er sich das Geld für seine vielen Reisen. Kein Land in Europa, das er in den vergangenen 25 Jahren nicht besucht hätte. Von der Kreuzfahrt im Mittelmeer, den Pyramiden in Gizeh, die Flugreise in die Karibik mit Besuch der Inseln Barbados, Jamaika, Haiti und in Miami Beach, und auch in Russland war er. Stets kam es ihm darauf an, Land, Leute und Kultur kennen zu lernen.

"Rückblick in die Gründerzeit": Zwei Jahre nach der Gründung wurde Josef Kraft im Jahre 1927 passives Mitglied beim Musikverein Rosswangen. Wenige Jahre zuvor, im Jahre 1922 war Josef Kraft einer der jungen Männer aus Rosswangen, die den Männergesangverein ins Leben gerufen hatten. Josef Kraft übernahm gleich nach der Gründung als jüngstes Mitglied und aktiver Sänger die Aufgabe des Vereinsdieners. Von 1926 bis 1934 war er der 1. Vorsitzende des Männergesangvereins.

Aufgrund all dieser Aktivitäten war es auch nicht verwunderlich, dass Josef Kraft "nur" passives Mitglied beim Musikverein blieb. Niemand hätte wohl bezweifelt, dass aus dem sehr musikalischen, guten Sänger nicht auch ein guter Musikant geworden wäre. Im Jahre 1926 hatte er sich ein Harmonium gekauft, das Spiel darauf erlernte er im Selbststudium während der ruhigeren Wintermonate.

Die Entwicklung unseres Musikvereins hat Josef Kraft seit der Vereinsgründung sehr aufmerksam verfolgt. In den Gründerjahren waren die Bedingungen für ein erfolgreiches Musizieren nicht so optimal wie heute. Gute Instrumente waren kaum zu bekommen, auf alle Fälle nicht zu einem wie heute für jeden erschwinglichen Preis. Auch die Ausbildung der Musikanten war auf das Spiel mit den Instrumenten beschränkt. Eine umfassende Musiktheorieausbildung fand kaum statt. Bei Freud und Leid hatte der Musikverein seine Aufgaben zur musikalischen Umrahmung im Dorf.

Die Frage, welche Musikrichtung dem 95-jährigen denn besonders gefällt, kann Josef Kraft schnell beantworten. Er hört alle Blasmusikrichtungen sehr gerne, wenn ihm auch manche Komposition heute zu modern erscheint. Aber, bemerkt er hinzu, man muss einfach mit der Zeit gehen und darf nicht auf dem alten stehen bleiben. Bei der Frage nach dem Lieblingsmarsch fällt ihm sofort der "Florentiner Marsch" als einer der Schönsten überhaupt ein, auch der Marsch "Alte Kameraden" ist natürlich unter den Favoriten. Hierbei spannt er den Bogen wieder auf die Kameradschaft, die ihm innerhalb unseres Musikvereins, der örtlichen Vereine und der Dorfgemeinschaft besonders wichtig ist. Als einer der treuesten Besucher unserer Veranstaltungen und besonders auch der Konzerte bemerkt Josef Kraft auch, dass es in den frühen Jahren des Vereines immer wieder vorgekommen ist, dass die Dirigenten ihre Musikanten mit der Stückauswahl überfordert haben. Heute überzeugen die Kapellen die Besucher mit ihren Leistungen.

Josef Kraft fühlt sich wohl im Kreise junger Menschen und bemängelt, dass die Älteren oft zu vieles an der jungen Generation kritisieren. Dabei würden oftmals die Gedanken und Initiativen der Jüngeren nicht genug respektiert, was letztlich doch zur Resignation führe. In vielen Vereinen werde so den Jugendlichen die Freude am Weitermachen genommen, was im Laufe der Zeit dazu führe dass die Jugend dem Verein gänzlich fehle. Eine gute Zukunft sieht Josef Kraft für unseren Verein - mit dem heutigen Aktivenkreis und erreichten Leistungsstand - sofern keine politischen Ereignisse unser Land erschüttern. Hier richtet er den Blick auf die vielen Krisengebiete in der ganzen Welt und besonders auch in Europa. Als aufmerksamer Leser der Tageszeitung und Verfolger der Nachrichtensendungen im Fernsehen ist er bestens über das Weltgeschehen informiert. Er hat schon vieles mitgemacht, war sogar schon einmal Milliardär, wie er humorvoll bemerkt. Allerdings waren die vielen Geldscheine so gut wie gar nichts wert.

Erinnerungen an das Geburtstagsständchen: Die Frage nach einem Rezept, wie man mit 95 Jahren immer noch so fit sein kann, beantwortete uns Josef Kraft bei seiner Dankrede nach dem Geburtstagsständchen. In einem Diktat in der Schule musste er einmal den folgenden Vers schreiben: "Halte Maß in Speis und Trank, dann wirst Du alt und selten krank!" Daran habe er sich bis heute gehalten.

Das Ständchen im Gemeindehaus war für uns alle ein Erlebnis. Für einige Neu-Aktive war es das erste Ständchen des Musikvereins für ein Vereinsmitglied. Die Polonaise der Geburtstagsgäste beim Marsch "Alte Kameraden" war ebenfalls eine Premiere. dass als Zugabe von uns noch ein bisschen Tanzmusik mit den "Jive Hits" aufgelegt wurde, stellte ein weiteres Novum dar. Unser Vorstand Siegfried Schäfer beendete seine Geburtstagsglückwünsche an Josef Kraft damit, dass es das erste Ständchen in der Vereinsgeschichte zu einem 95. Geburtstag gewesen sei. Zum 100. Geburtstag - in fünf Jahren schon - kommen wir sehr gerne wieder. So wünschen wir alle, dass Josef Kraft weiterhin so fit und gesund bleibt.

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